Frostschäden an Bambus – was ist zu tun?


Viele Winter sind sehr mild in Europa und wir gewöhnen uns daran, dass viele Pflanzen bei uns ohne Winterschäden durch die Jahre kommen und üppig zuwachsen. Und dann kommt alle 5-10 Jahre doch ein Hammerwinter.

Die Wetterlage ist fast immer gleich: Ein Kälteeinbruch im Spätwinter für ein bis zwei Wochen mit Nordströmung, im schlimmsten Fall in Kombination mit starker Wintersonne, Schnee auf dem Boden und eiskaltem Ostwind. Temperaturen von -10°C tagsüber, nachts bis -25°C. Windchill (gefühlte Temperatur) teilweise -25°C im Flachland und bis -35°C in Bergregionen.

Wir hatten in diesem Februar 2021 Temperaturen von bis zu -20°C und mehr in einigen Regionen Deutschlands. Der Frost alleine ist schon ein großes Problem für den Bambus. Wenn dazu noch Schnee auf der Erde liegt und die Wintersonne kräftig scheint, werden die Blätter sowohl von oben als auch von unten (durch die Rückstrahlung der Sonne reflektiert vom weißen Schnee) mit UV-Licht bestrahlt. Der austrocknende Ostwind kommt oft als nächste verschärfende Komponente dazu.

Wie wirkt sich dass auf die Bambusblätter und Halme aus? Die Blätter werden regelrecht weggeschmort und extrem ausgetrocknet, die Zellen in den Blättern sterben ab – bei harten Frösten verbrutzeln auch gleich die Halme mit.

Nun ist ja irgendwann der Frost vorbei und man steht vor dem abgefrorenen Bambus, so wie auf diesem Bild hier:

Fargesia robusta Campbell nach dem Extremwinter 2021 oberirdisch zu etwa 80% geschädigt, im unteren Bereich und im Boden keine Schäden.

Das Foto zeigt eine Fargesia robusta ‚Campbell‘, die laut einem Bambusfreund aus Göttingen -24°C aushalten musste. Man sieht ganz eindeutig, dass die Pflanze zu 80% oberirdisch geschädigt ist. Lediglich ein kleiner Bereich unten ist noch grün – hier hat die Schneedecke die Bambusblätter unter dem Schnee vor der Wintersonne und dem Ostwind geschützt.

Was muss ich als Bambusbesitzer direkt nach dem Frost machen (Zeitpunkt Ende Februar – Mitte März)?

Jetzt müssen Sie vor allem Nerven aus Stahl haben :-). Sie müssen an der Pflanze nichts tun. Sie müssen aber die Sprüche Ihrer Nachbarn und Ihrer Familie aushalten, warum Sie den Bambus nicht abschneiden, weil der wäre ja tot. Setzen Sie sich in Ihr Wohnzimmer, trinken Sie eine Tasse Tee und winken Sie aus dem Fenster der aufgeregten Nachbarschaft zu. Die gut gemeinten Tipps der unwissenden Tippgeber hören Sie durch ihre Dreifachverglasung hoffentlich nicht.

Mit Ihrer Familie wird das erfahrungsgemäß nicht so einfach. Aber auch da haben wir einen Tipp – erzählen Sie denen, was Sie von dem Geld alles machen können, wenn Sie die Pflanzen noch nicht wegwerfen und erst einmal etwas abwarten. Für das gesparte Geld ist ein üppiges Festbuffet beim Italiener um die Ecke drin, bei einer Bambushecke kommt sogar ein kleiner Kurzurlaub an der Ostsee oder auf Mallorca heraus. Ihre Familie wird freudig lachen und ab dem Moment den halbbraunen Bambus genauso vehement verteidigen wie Sie.

Der erste Impuls beim Anblick einer so stark abgefrorenen Pflanze ist immer gleich: Die Pflanze ist hin, rausreißen. Das freut den Gärtner, weil er Ihnen eine neue Pflanze verkaufen kann. Und den Recyclinghof, wo dann viele Privatkunden Schlange stehen, um angefrorene Kirschlorbeer, Bambus, Kamelien etc. zu entsorgen.

Aber das schnelle Wegwerfen ist unnötige Kapitalvernichtung und Umweltverschmutzung. Die Pflanze an sich hat (verglichen mit einem Menschen) nur einen mittelstarken Sonnenbrand abbekommen. Das Lebenszentrum sitzt bei einem Bambus immer im Boden in den Rhizomen. Und da ist aktuell überhaupt nichts passiert. Die Pflanze bereitet sich seit dem Herbst schon auf den Neuaustrieb im Frühjahr vor und hat jede Menge Reservestoffe dafür in den Wurzeln und in den oberirdischen Halmen und Blättern eingelagert. Auch die neuen Triebe sitzen schon direkt unter der Erde und wollen mit dem Austrieb starten. Für die Pflanze ist also alles gut und sie ist startklar für die neue Wachstumsperiode.

Wenn Sie jetzt schlau sind und nichts tun, zieht die Pflanze die Reservestoffe aus den geschädigten Bereichen soweit wie möglich in die gesunden Pflanzenteile ab und spätestens ab ca. Mitte Mai beginnt der Neuaustrieb.

Eine sofortige Düngung sollten Sie in solchen Jahren vermeiden – die Pflanze hat schon sehr viel Streß mit dem „Brandschaden“ – Düngung bedeutet immer ein Antrieb zu Höchstleistungen – Ihre Pflanze liegt aber gerade auf der Intensivstation und braucht in solchen Jahren etwas Ruhe und Zeit um sich zu erholen.

Erst etwa Ende Mai kommt nun der Moment der Gartenschere. Jetzt ist klar erkennbar – was ist abgestorben und kann abgeschnitten werden und welche Halme zeigen zartes Grün und treiben am Halm wieder aus. Nun können Sie ganz abgestorbene oder sehr stark geschädigte Pflanzenteile abschneiden.

Wenn das Wachstum deutlich zu erkennen ist, können Sie auch wieder düngen. Ich würde auch hier weiter etwas vorsichtiger düngen als sonst üblich, um der Pflanze weiter Erholungszeit zu geben.

Spätestens im Juli/August sieht Ihr Bambus wieder top aus und Sie können entspannt Ihren Kurzurlaub an der Ostsee starten, den Sie sich ja jetzt durch die ersparten unnötigen Ausgaben locker leisten können 😉

Wie kann man Frostschäden grundsätzlich vermeiden?

Grundsätzlich sind die Möglichkeiten Frostschäden an Bambus zu vermeiden eher beschränkt.

Sortenwahl: Eine Fargesia robusta Campbell bekommt ab -10°C bis -15°C relativ sicher Blattschäden, bleibt aber einer der schönsten Bambus im Sortiment. Fargesia nitida und Jiuzhaigou Formen sind extrem frosthart – bis ca. -35°C gibt es in der Regel keine Ausfälle. Dafür ist die Optik im Winter in den ersten Standjahren sehr kahl und durch extreme Neigung der Blätter zum Einrollen sehen diese Formen im Frühjahr sehr lange strohig aus. Sie haben also im Moment die Auswahl zwischen wunderschön und etwas empfindlich oder robust und etwas rustikal in der Optik ;-).

Beim Standort wäre es gut, einen halbschattigen Platz geschützt vor Wintersonne zu wählen. Da die meisten Gärten aber in Südrichtung ausgerichtet sind, stehen die meisten Bambus doch an eher sonnigen Plätzen. Und dass ist auch gut so – wir wollen ja alle im Sommer sonnig auf der Terrasse sitzen.

Zusätzlicher Winterschutz im Winter ist ein heikles Thema. Man kann den Bambus sehr gut schützen, wenn man die Faktoren Wind und Sonne an den wenigen Extrem-Frost-Tagen löst (z.B. durch eine Bedeckung der Pflanze mit Schattiernetz oder Wintervlies). Aber dass darf nur an den wenigen extremen Frosttagen passieren. Wenn ich den Bambus im Oktober einwickle und im März wieder auspacke, verliert die Pflanze auch alle Blätter… Bambus braucht Luft und Licht an seinen Blättern, ohne Licht wirft der Bambus das Laub ab und ohne Luft vergammeln die Blätter.

Wir machen bei den bei uns im Privatgarten ausgepflanzten Bambus seit etwa 20 Jahren keinen Winterschutz mehr, sparen uns die viele Arbeit und den Streß und nehmen alle 5-10 Jahre die abgefrorene Optik für 2-3 Monate gelassen hin. Das wäre unser Profi-Tipp 🙂

Und nun noch ein Foto aus Braunschweig – hier sieht man, wie eine Fargesia Maasai aus der Well Born Bamboo Serie den Frost von -24°C fast komplett ohne Schäden überstanden hat:

Fargesia Maasai (R) (S) nach dem Extremwinter 2021 fast ohne Schäden